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Grau und Grauen

Blick auf die Adelbergkapelle bei Neibsheim

Über dem Kraichgau liegt ein konstantes Grau. Seit Wochen. Nur kurz unterbrochen von wenigen Tagen Kälte und – man glaubt es kaum – Sonnenschein bei blauem Himmel. Dann wieder Grau. Regen. Wind. Was die Böden im Sommer letzten Jahres noch trocken und hart waren, sind sie nun durchnässt. Wo man hintritt: Nässe.

Das Grau über dem Land der 1000 Hügel steht stellvertretend für das Grauen, was scheinbar große Teile des Landes erfasst hat. Ich empfinde eine merkwürdige Mischung aus Erstarrung einerseits und Bewegung auf der anderen Seite. Immer wieder Krisen. Kaum Lösungen. Wenig Erklärungen. Ein Land in der Erschöpfungsstarre, nur aufgewühlt durch das Grauen eines Abends im November in Potsdam.

Der Blick auf einen Feldweg mit alten und kahlen Obstbäumen

Menschen reden über Menschenverachtendes. Und gar nicht mal so wenige schreien Hurra und ergötzen sich am Grauen in den Köpfen. Lange Jahre meines Lebens war der Satz „von der Banalität des Bösen“ von Hannah Arendt sehr abstrakt für mich. Nun bekommt er Leben eingehaucht und mir stellt sich immer öfter die Frage, ob und wann unsere Gesellschaft es zulassen wird, dass aus diesen Worten Taten werden.

Heinrich! mir graut`s vor dir

Faust, Goethe

So kommt zum Grau des Himmels das Grau in meinem Herzen.

EIn einzelner Baum in der Winterlandschaft

Mit diesen Gedanken gehe ich durch das Grau der wunderbaren Landschaft des Kraichgau. Sonst etwas Beruhigendes, Tröstliches. Nun aber sind meine Schritte durch das Nass der Feld- und Waldwege voller Sorge. Eine Sorge, die gerade auch meinen Blick durch den Sucher der Kamera prägt: grau, schwarz und weiß.

Blick durch ein Gebüsch auf einen Hochstand

Was am Ende immer bleibt ist die Hoffnung: Auf ein Frühjahr mit bunten Farben und einen Sommer voller Zuversicht.

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2 Kommentare

  1. Dein Schlusswort, lieber Werner, in Gottes Ohr. Und in den Ohren derjenigen, die dieses Jahr zu Wahlurnen gerufen werden.

    Es ist schön, von Dir zu lesen. Schön, dass die positiven, intelligenten Stimmen nicht verstummen. Und schön wieder schöne Bilder zu sehen.

    Als ich als Teenager vor 40 Jahren dachte, künstlerische Fotografie machen zu wollen, kaufte ich mir Schwarzweiß- statt Farbfilm. Meine Bilder wirkten oft grau, was logisch ist: der Belichtungsmesser suchte ein mittleres Grau und die Ausbelichtungsautomaten im Großlabor ebenfalls. Ich hab deshalb graue Schwarzweißbilder lange als misslungen angesehen.

    Bei diesen Bildern ist es anders. Sie begleiten Deinen Text und transportieren Deine Stimmung.

    Ich teile Deine Hoffnung. Und ich vermute, Du teilst auch meine Sorgen.

    Liebe Grüße: Stefan

    1. Danke, Stefan, für deine lieben Worte. Und zu wissen, dass es Menschen gibt, die meine Sorgen teilen, ist Teil einer gewissen Zuversicht. Zuversicht, die wir brauchen angesichts der Zeiten, in denen wir leben.

      Das „Grau in Grau“ der letzten Woche (und gefühlt der letzten Monate) schlägt sich auch in der Bildsprache nieder (es wird sich wieder ändern). Wobei: es hat was für mich, gerade auch gepaart mit dem 1:1 Format.

      Liebe Grüße,
      Werner

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