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Zu Besuch im Museumsland

Die Einen optimieren sich täglich selbst, fahren am Wochenende mit dem Camper in die Berge zum Klettern oder alternativ an die See zum Surfen. Unter der Woche fahren sie dann mit SUV ihre Kinder vom Ballett zur Kreativwerkstatt und von dort zum Tennis.

Die Anderen besuchen die Tafel, stellen Anträge beim Amt (oder haben es längst aufgegeben) und verbringen ihre Wochenenden in der Unsichtbarkeit ihrer oft winzigen Wohnzellen.

Die Einen wie die Anderen werden immer mehr. In dem immer kleiner werdenden Raum zwischen Luxusyacht und Drei-Gang-Fahrrad sitze ich und schaue der Menschenfeindlichkeit beim Wachsen zu. Dabei lausche ich schlauen Menschen, die alle „irgendwas dazu zu sagen“ haben. Hier oder hier.

Danach aber ist Empfangsschluss. Rien ne va plus. Ich will nicht mehr.

Im ZKM Karlsruhe – Ausstellung „Elliot Erwitt“

Was sind das nur für Menschen, die anderen Menschen das Leben verweigern wollen: Zu teuer! Zu viel! Zu faul! Zu dumm! Das weltumspannende Adjektiv und Zauberwort für feuchte Träume aller Spinner ist nun „libertär“.

Für mich aber ist am schönsten in unsichtbaren Orten. Dort entdecke ich (das wievielte Mal in meinen Leben?) welche Bedeutung die kleinen Dinge im Leben haben. Diese kleinen Dinge, die Feind jeden libertären Denkens sind: Bücher, Musik, Familie. Überhaupt Menschen…. und Theo. Und ja auch und ganz besonders: Noch immer und immer wieder die Fotografie. All das hat die Kraft, den Spinnern dieser Welt wenigstens stunden- oder manchmal auch tageweise – den ausgestreckten Finger zu zeigen.

Ich fange an zu verstehen, wie es gewesen sein muss vor 90 und mehr Jahren. Hier aber, in den kleinen Unsichtbarkeiten im Land der 1000 Hügel, in den Zwischenräumen meines Seins, darf in menschenbunten Farben alles gedacht, alles gesagt und über alles gelacht werden. Und auch alles fotografiert werden.

Manchmal fürchte ich, dass diese Orte irgendwann einmal geheim werden müssen. Dann nämlich wenn der libertäre Mensch einen Schlapphut trägt. Schaut: Dahinten am Horizont heben sie schon wieder ihren Arm.

They’re selling postcards
of the hanging
they’re painting
the passports brown
the beauty parlor is filled with sailors
the circus is in town

Bob Dylan (aus „Desolation Row, 1965)

Manchmal fühle ich mich, als sei ich zu Besuch in diesem Land. Lange weg gewesen, nichts gehört und nichts gesehen. Und nun zurück und schaue mir das Leben an, wie ein Besucher die Bilder im Museum. Und das, was ich sehe erschrickt mich.

Und dann entdecke ich am Ende Theo….

…. Theo und seine Freunde bleiben so wie sind: In Freundschaft und Liebe. Es mag abgedroschen klingen, doch das macht es nicht falsch. Ich zitiere ihn immer wieder und sehr gerne:

Love is the answer – John Lennon

Der aufrechte Gang mit einer menschenfreundlichen Haltung braucht einen längeren Anlauf. Am Ende aber sind wir mehr. Immer.

Aus Gründen dieses Video

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